GESCHICHTE

Historie des Elternkolleg Fellbach e. V.

Nach langen Jahren sozialpädagogischer Arbeit als Bewährungshelfer mit straffälligen Jugendlichen bekräftigte sich für den Diplomsozialpädagogen Adolf Ries die Einsicht, dass manch kriminelle Karriere vielleicht häufig durch ein früheres pädagogisches Eingreifen gar nicht erst gestartet wäre. Und diese erste Stufe vorsorglichen pädagogischen Handelns ist das Elternhaus. Er und seine Frau, die Diplomsozialpädagogin Inge Ries-Bürkle, nahmen ein vorhandenes Angebot an und ließen sich zum Elterntrainer nach Gerd F. Müller vom Familienkolleg München fortbilden. Gemeinsam mit den Gleichgesinnten Rosemarie Luz (Dipl. Psychologin) und F.W. Taube (Dipl. Sozialpädagoge) starteten 1987 erste Elternseminare an der VHS Unteres Remstal. Nach drei Jahren sollten diese ersten Schritte durch die Gründung eines gemeinnützigen Vereins verstetigt werden. Am 8. März 1990 wurde das Elternkolleg Fellbach e.V. aus der Taufe gehoben von 35 Interessierten, wovon 18 sofort Gründungsmitglieder wurden. Zum Vorsitzenden wurde Adolf Ries gewählt.

Es war eine Zeit großer historischer Umwälzungen. Der Zusammenbruch des sozialistischen Ostblocks bis hin zu den Jugoslawienkriegen führte zu einer beachtlichen Einwanderungswelle und so war das zweite Standbein des neu gegründeten Vereins neben der präventiven Elternarbeit die Arbeit mit Aussiedler- und Einwanderungskindern im Rahmen einer Hausaufgabenbetreuung. Die startete im März 1991 zunächst an der Zeppelin-Schule, nachdem mehr geeignetes Personal gefunden war, ein halbes Jahr später auch an Maickler- und Schillerschule. Ende 1996 wurde diese Form der reinen Hausaufgabenbetreuung ausgesetzt und lief ab 2006 im Rahmen der Landesförderung für Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe (HSL) an den Fellbacher Grundschulen weiter. Die ursprüngliche Idee einer präventiven Elternarbeit konnte sich langfristig nicht im Angebot des Elternkollegs halten. Zum vollsten Bedauern von Adolf Ries musste diese Tätigkeitsfeld 2008 aufgegeben werden, die Zielgruppe der Eltern konnte immer weniger erreicht werden und die Vereinsarbeit konzentrierte sich nun gänzlich auf Kinder vom Vorschul- bis zum Grundschulalter.

Als wesentlicher Grundpfeiler und eigentliches Herzstück des Elternkollegs kam im September 1992 die Soziale Gruppenarbeit dazu, eine niederschwellige Jugendhilfemaßnahme des Kreisjugendamtes. Hier lernen Kinder mit Defiziten im Sozialverhalten grundlegende Kommunikationsstrategien als Voraussetzung für sinnvolle Lernprozesse. Eine Gruppe besteht in der Regel aus 5 Kindern, die auf Empfehlung von Lehrer*innen durch die Eltern angemeldet werden. Nachdem die Soziale Gruppenarbeit zunächst an unterschiedlichen Orten in Fellbach und Schmiden stattfand (z.B. Milchhäusle, Pavillon Schmiden), ist sie seit 2002 am Friedrich-Schiller-Gymnasium angegliedert oder findet teilweise auch an den Schulen statt.

Ebenfalls 1992 startete das Elternkolleg eine Einzelbetreuung von Kindern, die aufgrund ihrer Auffälligkeit in der Gruppe nicht gefördert werden können. Aufgrund von arbeitsrechtlichen Änderungen konnte dieses Angebot mit Honorarkräften aber seit 1999 nicht mehr wie gewohnt fortgeführt werden und wurde 2005 ganz eingestellt.

Seit 1996 organisierte das Elternkolleg eine Kernzeitbetreuung, später einen Schülerhort an der Schmidener Anne-Frank-Schule. Diese umfasst die Zeit vor dem Unterricht und übers Mittagsband mit Mittagessen und anschließender Betreuung bis Schulende. Hier gibt es Spielgruppen ebenso wie Hausaufgabenbetreuung. Diese Arbeit wurde 2011 in den Ganztagesschulbetrieb der Anne-Frank-Schule integriert.

Im Jahr 2002 wurde die Kleinkindgruppe Spatzennest für die Altersgruppe 1-3 Jahre eingerichtet, untergebracht seit 2004 im Pavillon in Schmiden. Es gibt zwei Spielgruppen a 10 Kinder.

Ein nächster Schritt erweiterte das Tätigkeitsfeld des Elternkollegs in Richtung Angebote für Säuglinge. Seit 2006 wurden Eltern-Kind-Kurse nach dem Prager Eltern-Kind-Programm (PEKIP) organisiert: Spiel-, Bewegungs- und Sinnesanreize im Rahmen einer Krabbelgruppe, die auch den Austausch unter Eltern ermöglicht. Dieses Programm fand während der Corona-Epidemie keine Fortsetzung, wird aber in der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder aufgenommen.

Zur Bewältigung des starken Zuzugs von Geflüchteten aus den Krisengebieten des Nahen Ostens in den Jahren 2015-17 wurde das Elternkolleg mit der Durchführung VKL/HSL-Angeboten an drei Schulen beauftragt. Den Flüchtlingskindern aus Vorbereitungsklassen wurde bei den Hausaufgaben geholfen und in Fragen des Einlebens zur Seite gestanden. Weitere Aktivitäten in diesem Zusammenhang war die Aktion Chancen gleich!, ein Fortbildungsbereich für interkulturelle Pädagogik in Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Stiftung, der Hochschule Freiburg und dem Freundeskreis für Flüchtlinge Fellbach.

Ebenfalls zur Krisenbewältigung, diesmal in den frühen Corona-Jahren 2020/21, startete das Elternkolleg dank einer großzügigen Privatspende von Ursula Roth in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung das Nachhilfeprogramm „Na klar!“. Ein Jahr lang wurden Grundschulkinder mit Lerndefiziten aufgrund der Schulschließungen einzeln zuhause, in Schulräumen oder mittels Online-Unterricht betreut.

Als vorerst letztes Projekt im Programm des Elternkollegs kam seit September 2020 die Durchführung des Mittagsbands und von AGs an der Wichernschule hinzu. Von Dienstag bis Donnerstag werden die Grundschulkinder in der Schulmensa verpflegt und anschließend bis zum Nachmittagsunterricht betreut. Hinzu kommen noch AGs am Mittwochnachmittag oder an anderen Schultagen vormittags.

Finanzierung der Vereinsarbeit

Erste Sondierungsgespräche zur Finanzierung der Vereinsarbeit brachten im Februar 1991 eine erste positive Stellungnahme des Kreisjugendamtes ein. Aufgrund seiner beruflichen Kontakte konnte Adolf Ries besonders auf Bußgelder von Amtsgerichtsprozessen setzen, die bis 1995 über die Hälfte der Einnahmen des Vereins ausmachten, bis 2000 noch ca. ein Viertel und in den Nullerjahren immerhin noch um die 5%, seit 2013 unter 1%. Im Zuge der Ausweitung der Vereinstätigkeit wurden die Leistungen von immer mehr öffentlichen Stellen honoriert: die Stadt Fellbach, das Land und der Kreis tragen den Großteil der Finanzierung. Elternbeiträge und vor allem großzügige und z.T. langfristige Förderung durch die Dr. Karl Eisele & Elisabeth Eisele Stiftung, die Bürgerstiftung Fellbach, die Volksbank am Württemberg eG, die Odd Fellows Fellbach und nicht zuletzt Großspenden der Sami-Khedira-Stiftung 2015 und 2020 von Ursula Roth ermöglichen die gemeinnützige Arbeit des Elternkollegs.

Ehrungen

November 2011: Ehrennadel des Landes BW für Adolf Ries und Inge Ries-Bürkle

Ehrenplakette der Stadt Fellbach

Denn vom ersten Tag an wurden die Betreuungsangebote des Elternkollegs zu einem Erfolgsmodell, weil es immer auch mit dem Ziel verbunden war, möglichst flexible und passgenaue Angebote für die Eltern zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen.

Joachim Fritz (Rektor Anne-Frank-Schule, 2015)

Das Fellbacher Elternkolleg hat seit dem 8. März 1990 ein gewichtiges Kapitel der Fellbacher Sozialgeschichte geschrieben.

Siegfried v. Niswandt (Leiter Musikschule Fellbach & VHS Unteres Remstal, 2010)

Vorstand des Elternkollegs Fellbach e.V.

VORSITZ

  • 1990 Adolf Ries (ab 2015 Ehrenvorsitzender)
  • 2015 Karl-Heinz Paulsen
  • 2022 Bärbel Etzel-Paulsen

STV. VORSITZ

  • 1990 Rosemarie Luz
  • 2000 Angelika Hammer
  • 2002 Dr. Klaus Miersch
  • 2007 Karl-Heinz Paulsen
  • 2015 Hans Naujocks
  • 2017 Heike Cablitz
  • 2022 Christian Hinrichsen